Theater Gaudium nach der Corona Pause in neuer Leitung und neuer Zusammensetzung
Wenn es in der modernen Komödie eine Herausforderung an die Schauspieler gibt, dann ist es der „Gott des Gemetzels“ der französischen Autorin Yasmina Reza. Denn hinter der scheinbar harmonischen Fassade lauert der Tornado, der sich am Schluss Bann bricht. Der Sohn von Annette (Anne Renardy) und Alain Reile (Jannis Mattar) hat dem Filius von Véronique (Melina Lauffs) und Michel Houillé (David Peters) einen Zahn ausgeschlagen. Die ach so „gesitteten“ und „kultivierten“ Eltern versuchen das Ganze wie „Erwachsene“ zu klären, was scheinbar zunächst gelingt. Die Schauspieler müssen nicht nur die ganze Zeit auf der Bühne sein, sondern auch durch Wort, Gestik und Mimik die Giftpfeile so schießen, dass die hintergründige Aggressivität sichtbar wird, ohne dass die zunächst harmonisch scheinende Oberfläche zerstört wird.
Annette hat die Situation erkannt und versucht zunächst, den brüchigen Frieden irgendwie zu sichern. Mit gezielten Blicken, gut eingesetzter Mimik und äußerst präzisem Spiel gelingt es Anne Renardy, die Ambivalenz der Handlung darzustellen, bis sie dann am Schluss des Stücks sturzbesoffen ihre Wut herauslassen darf. Denn sie hat ja Alain an ihrer Seite. „Der war von Anfang an ein A… und bleibt es bis zum Schluss“, sagt sein Darsteller Jannis Mattar. Und das spielt er mit sichtbarem Vergnügen und verstärkt gelungen den im Hintergrund lauernden Streit. Alain kreist nur um sich, sein Handy und seinen Mandanten. Sein Gegenpart ist Véronique. Melina Lauffs zeigt eine Löwenmutter, die sehr kompromisslos die Aggression vorantreibt. David Peters spielt einen ausgesprochen gutmütigen Michel, der sich nicht provozieren lässt, bis auch bei ihm die Hutschnur reißt. Insgesamt ist es ein hinreißendes Miteinanderagieren. Die Handschrift der neuen Regisseurin Elfriede Belleflamme lässt sich am augenfälligsten am Bühnenbild erkennen, das zwar nicht opulent ist, sich aber doch von den spartanischen Szenerien des Vorgängers Günther Lorreng abhebt. Es ist ein realistisches Wohnzimmer mit Schrank und Sofas. Am exzellenten Zusammenspiel merkt man auch, dass Belleflamme hier gute Arbeit geleistet hat. Kleinere Längen trüben das Theatervergnügen in keiner Weise. Nette Gags wie die „Drohung“, Handynutzer im Publikum mit der Machete anzugreifen, oder dass Michel sagt, er habe die ostbelgische Theatergröße Jörg Lentzen zusammengeschlagen, runden die Sache ab.
„Es ist schon eine Herausforderung, mit einer Gruppe zu arbeiten, die jahrelang zusammen ist“, sagt die erfahrene Regisseurin Belleflamme, die an der Pater-Damian-Schule über 40 Aufführungen inszeniert hat.. Das gibt auch Jannis Mattar zu. „Aber Elfriede hat uns jede Menge guter Impulse gegeben“, ergänzt er. Denn schon am Spiel ist zu merken, hier haben sich welche gefunden, die sich verstehen und gemeinsam großartiges Theater auf die Beine stellen. Vielleicht erfüllt man gemeinsam auch Jannis Mattars Wunsch, einmal „Das Bildnis des Dorian Grey“ von Oscar Wilde in die Hauseter Mehrzweckhalle zu bringen.
Besonders haben sich die Akteure über drei ausverkaufte Vorstellungen gefreut. Gaudium ist trotz Corona nicht vergessen und bleibt eine Hausnummer, wenn man in Ostbelgien einen anspruchsvollen und unterhaltenden Theaterabend erleben will.
Reportage dem Bericht im Grenzecho und von der Webseite www.theatergaudium.com entnommen.