Os Härjent a-jen Jööl
Der Grenzecho Reporter Günther Sander veröffentlichte in der Ausgabe vom 30. November 2022 den folgenden Beittrag zur Herausgabe der Audio CD "Os Härjent a-jen Jööl" mit Beiträgen von Leo Wintgens (Montzen)
Hergenrath
Aber nicht nur in Hauset steht man auf die Mundart, auf das Platt (Plat) und ist stolz darauf. Das Dorfarchiv Hauset hat eine zweite CD herausgegeben. „Diesmal in Platt aus Hergenrath“, sagt Walther Janssen dem GrenzEcho. Die kleine Scheibe trägt den Titel „Os Härjent a-jen Jööl“, sie wird von keinem Geringeren gesprochen als von Professor Dr. Leo Wintgens, der aus Hergenrath stammt, in der Nähe der Emmaburg aufgewachsen ist, in Montzen lebt und praktisch, wie Walther Janssen aufklärt, das „karolingisch-fränkische Dialekt“ erforscht hat. Leo Wintgens ist ein Sprachwissenschaftler, er hat sich insbesondere um das in der Euregio gesprochene Dialekt große Verdienste erworben. Viele Jahre war er im Unterrichtswesen berufstätig, so auch in Gemmenich. Wintgens lehrte auch an verschiedenen Universitäten und Instituten. „Dieser Wintgens ist ein besonderer Kenner der bei uns in Kelmis und Gesamt-Ostbelgien gesprochenen Dialekte. Ripuarisch-niederfränkisch in den Gemeinden im Norden, der DG, mosel-fränkisch und letzeburgisch im Süden der DG“, sagt Walther Janssen.
Von Leo Wintgens ist zu hören, dass er den hier gesprochenen Dialekt als „karolingisch-fränkische“ Sprache definiert. Und dies auch wissenschaftlich untermauert, so unter anderem durch seine zahlreichen Veröffentlichungen. Als da wären seine Doktorarbeit, die als Buch veröffentlicht wurde, und zwei Folgewerke. Wie Wintgens dem GE bestätigt, stammen rund 20 Werke aus seiner „Feder“. So „Et Hat van os Plat“, in dem er den Abriss einer Grammatik des Karolingisch-Fränkischen der germanischen Regionalsprache im Bereich des ehemaligen Herzogtums Limburg aufgreift. Stolz zeigt er den Band „Grundlegung einer Geschichte der Literatur in Ostbelgien“ – Bild der sprachlichen Wechselwirkung im Zwischenland. Und sehr interessant „Échos ut os Schprook“ – Drei plus: Je parle aussi le patois; Ech kal och Plat; Ich spreche auch Platt. Dabei handelt es sich, wie Wintgens bemerkt, um „Platdütsche Literatuur tösche Oobel än Ooke – Et Karolingesch-Fränkesch in focus. „Ich habe zehn Jahre lang einen Plat-Wettbewerb veranstaltet, an dem sich die Jugend interessiert gezeigt hat.“ Die Resonanz sei sehr gut gewesen. Behandelt wurden die drei Grundsprachen Plat, Deutsch, Französisch, und dann als „plus“ dazu noch Niederländisch und Französisch. 2007 gründete Wintgens den „Kurzus op Plat“, der bereits seit 15 Jahren – auch in Montzen – läuft und zwischendurch auch im „Centre culturel“ in Welkenraedt. Da schwelgt der Professor in Erinnerungen.
Der Wortschatz ist derselbe, nur die Lautungen machen den Unterschied.
Doch das ist bei Dr. Leo Wintgens längst nicht alles, was er an Literatur zu bieten hat. Erst 2016 ist von ihm „Wi zaach/zaan éch dat op Ostbäljesch Plat?“ erschienen. Laut Autor ein vergleichender Sprach-Atlas des Karolingisch-Fränkischen in der DG und in ihrem Umfeld. Behandelt werden Lautlehre, Formenlehre, Namenkunde, Sprachgeschichte und Wortschatz. Leo Wintgens ist mandatiertes Mitglied der DG für Ostbelgien in der Kgl. Kommission für Ortsnamenkunde und Mundartforschung in Brüssel.
Walther Janssen bescheinigt Leo Wintgens, er habe sich generell um den Erhalt der deutschen Sprache sehr große Verdienste erworben.
Dies sei besonders in der Zeit der Autonomie-Bemühungen seit dem Ende der 1960er Jahre sehr wichtig gewesen. Professor Wintgens war es, der die ersten Ostbelgischen Dichtertreffen organisiert und geleitet habe. Und er habe viele Netzwerke geknüpft, so in die Niederlande, nach Flandern und nach Deutschland.
Leo Wintgens habe sich stets im Kampf um die deutsche Sprache auch um das Aubeler und Montzener Gebiet bemüht, weil hier der deutsche Dialekt verloren gehe. Professor Wintgens führt das zurück auf das Auftreten der Deutschen, sowohl als kaiserliche Besatzungstruppen im Ersten Weltkrieg, als auch durch die Annexion des Gebietes nach dem Führererlass und die daraus folgenden Gräueltaten der Nazis im Zweiten Weltkrieg. Das hat Leo Wintgens auch in seinem Roman in zwei Bänden verarbeitet, der in diesem Jahrhundert veröffentlicht wurde, nämlich „Wege aus Sümpfen – Roman einer Grenzlandschaft“.
Und dann kommt man auf den neuen Tonträger zu sprechen. Die CD „Os Härjent a-jen Jööl“ – Poézlii & Prooza op Härjender Plat sei keine Konkurrenz zu der Scheibe von Erich Kockartz. Es handele sich ja um zwei verschiedene Ortschaften, aber der Wortschatz sei derselbe, nur die Lautungen machten den Unterschied, so Wintgens. Ihm sei es wichtig, dass an der Sprache festgehalten werde, damit nichts verloren gehe. In seinem Zeugnis habe zwar Muttersprache „Deutsch“ gestanden, aber er habe sich übers Ohr gehauen gefühlt. Mit der CD will er versuchen, einen Querschnitt durch Platdeutsches zu dokumentieren. Wichtig sei es, an der Sprache festzuhalten, damit die Motivation nicht verloren gehe.
Das Vorwort (Vöörwoet op Höözender Plat) hat Erich Kockartz verfasst. Die CD, so Wintgens, sei „Vör os Jääjent & vör os Lüj“ gedacht. Und es beginnt gleich mit „E Wötsche över de Jööl“, es folgen „De Balaade van de Moresender Brök“; „Et Jeschiir“ und weiter geht es mit „De Klaach van de Odesch“ noo de „Marche blanche“ é Brösel. Der „Nonk Fräns va Boole än et Frans“ kommt zu Ehren, ebenso „Wi e Jläske aue Wiin“, „Ob-en Bank“, „De Afäär va Äma än Éjin“, „Mét Pit än Kuun no-jen Jöölkwäle“, „De Brök: Roman „Wege aus Sümpfen II“. Zum Schluss schließlich noch „De Balaade van de Morsender Brök“ und „“Jlök.“ Herausgeber ist das Dorfarchiv Hauset, dort ist die CD für zehn Euro erhältlich und man kann sie per Mail unter archiv@hauset.info bestellt werden.
Übrigens: Walther Janssen hat bereits „Neues auf der Pfanne“. Er macht sich Gedanken, auch eine CD über Raeren herauszugeben.